Die Galerie des 20. Jahrhunderts in West-Berlin
Ein Provenienzforschungsprojekt


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Karl Schmidt-Rottluff (1884–1976)
Drei Akte (Dünenbild aus Nidden), 1913

Öl auf Leinwand
98 x 106,5 cm

Standort
Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin

1949 erworben durch das Land Berlin
Ankaufspreis: 4.500 DM

Weitere Werkdaten

Abweichende Titel
Drei rote Akte; Frauen in Dünen (Drei Akte); Drei Frauen am Strand

Bezeichnung Vorderseite / Sichtfläche
unten rechts: S. Rottluff 1913

Inventarnummern
Staatliche Museen zu Berlin: B 1
Inventar Land Berlin: 1
Weitere Nummern: 3/1

Werkverzeichnis-Nummer
Grohmann WV S. 286

Foto: Anders, Jörg P. / © VG Bild-Kunst, Bonn 2016
Provenienz
1913 bis 1949 im Besitz des Künstlers Q8
1949 Walter Schüler, Berlin Q7
1949 bis 1968 Galerie des 20. Jahrhunderts, Berlin, erworben vom Künstler über die Galerie Schüler Q1
seit 1968 als Dauerleihgabe des Landes Berlin in der Nationalgalerie, Staatliche Museen zu Berlin – Preußischer Kulturbesitz
Dieses Ölbild mit drei Akten, das Karl Schmidt-Rottluff 1913 in Nidden auf der Kurischen Nehrung malte, war das erste Werk, das nach der Teilung Berlins für die im Westen unter der Leitung von Adolf Jannasch neu gegründete Galerie des 20. Jahrhunderts erworben wurde. Es trägt demnach die Inventarnummer 1. Der Ankauf wurde im März 1949 abgewickelt. Am 21. März 1949 schrieb der Galerist Walter Schüler, der das Bild vom Künstler übernommen hatte, an Jannasch: „Ich lasse Ihnen heute das aus meinem Besitz stammende Ölbild von Prof. Schmidt-Rottluff ‚Drei Akte 1913‘ zugehen und wäre bei einem eventuellen Ankauf mit dem Betrage von DM West 4.500.-- einverstanden.“Q7 Im selben Schreiben bot er ein „ebenfalls aus seiner Sammlung stammendes Ölbild zum selben Preis“ an, das Jannasch zusätzlich erwarb – es handelt sich hierbei um Schmidt-Rottluffs „Haus mit blühenden Bäumen“ von 1946, auch unter dem Titel „Heißer Frühling (Taunus)“ bekannt. Dass Jannasch das Dünenbild kurz vor dem Ankauf noch im Atelier des Künstlers gesehen hatte, lässt der Eintrag in seinem (vermutlich 1945 angelegten) Sammler-Notizbuch vermuten, in dem er sich hinter „Schm.R.“ explizit „3 Akte 1913“ vermerkte.Q8 Es ist davon auszugehen, dass Walter Schüler das Bild zuvor direkt vom Künstler erworben hatte. Beide standen in engem Austausch miteinander. Regelmäßig verkaufte der Händler auch in Kommission Werke Schmidt-Rottluffs, den er dabei stets über alle Vorgänge informiert hielt (freundliche Auskunft von Ingo Brunzlow, 22.10.2012).

Karl Schmidt-Rottluff, der die NS-Zeit als „entarteter“ Künstler fast durchgehend in Deutschland verbrachte, hatte während des Krieges einen Teil seiner eigenen Werke bei Leopold Reidemeister (1900–1987), dem Berliner Kunsthistoriker, Brücke-Verfechter und späteren Museumsdirektor in Köln und Berlin, untergebracht. Sein Atelier in Berlin war 1943 zerbombt worden. Die Kunsthistorikerin Rosa Schapire schrieb dem Künstler am 19. Juni 1950 einen Brief, in dem sie sich beschwerte, dass er sie nicht ausreichend auf dem Laufenden halte: „Ich musste z. B. auch sr. Zt. Durch Reidemeister erfahren, dass die bei ihm eingestellten Bilder die Bomberei überlebt haben“ (Archiv Brücke Museum, Berlin). 1947 übernahm Schmidt-Rottluff eine Professur an der Hochschule für Bildende Künste in Berlin und spielte fortan eine wichtige Rolle im Kunstbetrieb der Nachkriegszeit. Schon vor Teilung der Stadt standen Ludwig Justi und Adolf Jannasch bei ihren Aktivitäten mit dem Künstler in Kontakt. Seit 1947 war Schmidt-Rottluff Mitglied der Ankaufskommission für die Kunstsammlung des Magistrats, nach Neugründung der Galerie des 20. Jahrhunderts im Westen 1949 setzte er sein Wirken als Kommissionsmitglied bis zu deren Auflösung 1968 fort.

Recherche: HS | Text: CT

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Q1 Inventarverzeichnis für Kunstwerke Berlins in der Nationalgalerie B 3000/306 [Inventar der Galerie des 20. Jahrhunderts (West)], 2 Bde., 1949–1982, Senatskanzlei – Kulturelle Angelegenheiten, Berlin, Eintrag vom 22.3.1949

Q2 Protokoll der Übergabe der Bestände der Galerie des 20. Jahrhunderts an die Stiftung Preußischer Kulturbesitz [Gemälde und Skulpturen aus den Verwaltungs- und Ausstellungsräumen der Galerie], 5.6.1968, Staatliche Museen zu Berlin, Neue Nationalgalerie, S. 2

Q3 Liste Platten – Kasten IV, Galerie S–Z, Staatliche Museen zu Berlin, Neue Nationalgalerie, Ordner B: Vereinigte Kunstsammlungen

Q4 Liste Platten – Kasten I, Galerie A–K, 25.7.1957, Archiv Berlinische Galerie, DE BG Gal 02-0204-02-040.1 bis -040.3, Nr. 69

Q5 Kaufbestätigung von Adolf Jannasch an die Galerie Walter Schüler, 23.3.1949, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-1445

Q6 Protokoll der Ankaufskommission, 22.3.1949, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-1446

Q7 Brief Walter Schüler an Adolf Jannasch, 21.3.1949, Landesarchiv Berlin, B Rep. 014-1630

Q8 Sammler-Notizbuch Adolf Jannasch, Privatbesitz

L1 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1953, Nr. 68

L2 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1958, Nr. 156

L3 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1960, Nr. 170

L4 Die Galerie des 20. Jahrhunderts. Katalog, hrsg. vom Senator für Volksbildung, Berlin 1963, Nr. 200

L5 Verzeichnis der Vereinigten Kunstsammlungen: Nationalgalerie (Preußischer Kulturbesitz) und Galerie des 20. Jahrhunderts (Land Berlin), hrsg. von den Staatlichen Museen Preußischer Kulturbesitz, Berlin 1968, S. 186

L6 Will Grohmann, Karl Schmidt-Rottluff, Stuttgart 1956, S. 286

L7 Schmidt-Rottluff, Alexander Kanoldt, F. A. Weinzheimer, LL Wulf. Plastiken, Ausst.-Kat. Galerie Fritz Gurlitt, Berlin 1914, Nr. 36