Die Galerie des 20. Jahrhunderts in West-Berlin
Ein Provenienzforschungsprojekt


Einführung Kunsthandel A–Z

Bernhard A. Böhmer, Güstrow/Berlin

Der Bildhauer Bernhard Aloysius Böhmer war ab Mitte der 1920er-Jahre als Mitarbeiter von Ernst Barlach tätig und wohnte wie dieser in Güstrow. Von 1938 bis 1941 war er einer der vier Kunsthändler, die damit beauftragt wurden, Werke „entarteter Kunst“ zu „verwerten“. Zum Zeitpunkt seines Selbstmordes 1945 lagerten noch umfangreiche Bestände dieser Kunst in Güstrow.

Alleinerbe war sein Sohn Peter Böhmer (1932–2007), dessen Vormund seine Tante Wilma Zelck (geb. Otte, 1912–1962) wurde. Im Nachlass Böhmer befanden sich Restbestände der „entarteten Kunst“, darunter etwa 3.000 Werke, die Rolf Hetsch 1943/44 aus dem Depot beschlagnahmter Kunst im Berliner Schloss Schönhausen nach Güstrow hatte bringen lassen. Der Bestand umfasste Werke aus enteignetem Privatbesitz, Privatleihgaben aus Museen, Werke, die Böhmer bei der Auktion der Galerie Fischer in Luzern erworben hatte, sowie Arbeiten von Ernst Barlach.

Nach Güstrow ausgelagerte Werke des Evangelischen Kunstdienstes wurden nach Kriegsende weitgehend von der Roten Armee beschlagnahmt. Rund 1.000 Werke „entarteter Kunst“ stellte Kurt Reutti 1947 bei Wilma Zelck sicher und deponierte sie im Museum der Stadt Rostock. Einen Rest unbekannter Größe hielt Zelck zurück und begann, aus diesem Bestand zu verkaufen. Von 1945/46 bis 1952 brachte Albert Friedrich Daberkow (1912–1969) für Wilma Zelck große Teile der Sammlung in den Kunsthandel. Handelspartner Daberkows waren unter anderem Gerd Rosen in Berlin, das Kunsthaus Lempertz in Köln, Alex Vömel in Düsseldorf und Roman Norbert Ketterer in Stuttgart.

Mehrere Gemälde aus der Galerie des 20. Jahrhunderts, die einst im Zuge der Aktion „Entartete Kunst“ beschlagnahmt worden waren, weisen eine Böhmer-Provenienz auf; dazu zählen „Das Urteil des Paris“ und „Badende im Schilfgraben“ von Otto Mueller, „Dorf“ von Christian Rohlfs und „Porträt des Sohnes Thomas“ von Lovis Corinth.

Quellen

keine Geschäftsunterlagen erhalten

„Verwerter-Akten“ (Böhmer, Gurlitt, Buchholz) im Bundesarchiv Berlin (BArch R 55 / 21015, 21017, 21019)

Nachlass (Kunstwerke): Kunsthistorisches Museum Rostock (rund 600 Werke aus der Aktion „Entartete Kunst“, Bestand Böhmer)

Berlinische Galerie: Berichte und Korrespondenz zwischen Rave, Reutti, Schult und Strauß, 1945/46

Meike Hoffmann (Hrsg.), Ein Händler „entarteter“ Kunst. Bernhard A. Böhmer und sein Nachlass, Berlin 2010

Marie-Luise Atkinson, Der Kunsthändler Bernhard A. Böhmer, Dissertation Freie Universität Berlin (in Arbeit)

Zeitraum / Adresse / Firmierung

  • ab Mitte der 1920er-Jahre bis 1945 Heidberg, Güstrow
  • ab 1942 Tiergartenstraße 8, Berlin
  • ab 1943 Tiergartenstraße 8 a, Berlin

Personen

  • Bernhard A. Böhmer (1892–1945)

Schwerpunkte

klassische Moderne